Messeret Kasu

Zwischen zwei Fronten

Stell dir vor, du musst flüchten und landest orientierungslos in einem anderen Land als geplant...

Messeret Kasu ist in Äthiopien geboren. Mit ihrer Schwester ist sie bei ihren Eltern in Addis Abeba aufgewachsen. Nach ihrem College arbeitete sie dort in ihrer Heimat als Sekretärin bei diversen Botschaften und
Organisationen, unter anderem der Afrikanischen Union, die ihr Hauptsitz in Addis Abeba hat. Sie hatte dort ein gutes Auskommen. Ihr Vater kommt aus Eritrea und lebte in Äthiopien. Ihre Mutter ist in Adwa im Norden Äthiopiens geboren.
In Eritrea entwickelt sich eine starke Opposition, die einen eigenständigen eritreischen Staat fordert. Es kommt zu einem schrecklichen Krieg zwischen Äthiopien und Eritrea, das Land wird geteilt.
Messeret drohte den Arbeitsplatz zu verlieren weil ihr Vater Eritreer war.
Als der Konflikt unerträglich wird, entscheidet sich Messeret zu fliehen, auf der Suche nach einer besseren Zukunft. Freiwillig flüchtet sie aus ihrer Heimat. Dies ist nicht einfach, da ihr Ausweis und ihr Führerschein abgelaufen sind und sie ohne Erlaubnis nicht fahren darf. Sie gibt ihrer Schwester eine Vollmacht, um ihr Auto zu verkaufen. Sie braucht das Geld für die Flucht. Es bleibt ihr keine andere Wahl, da sie sonst wahrscheinlich verhaftet würde.

Sie setzt sich London als Zielort, da es dort für sie keine Komplikationen mit der Sprache gab. Sie sucht einen Schlepper auf, zahlt viel Geld für einen gefälschten Pass und für ein Flugticket nach London. Letztendlich landet sie aber mit gefälschten Dokumenten in Frankfurt a.M Flughafen, ihr Schlepper ist dort plötzlich verschwunden. Sie meldet sich noch am Flughafen bei der Polizei und stellt einen Asylantrag.
Sie wird nach Schwalbach in ein Zentralaufnahmelager für Flüchtlinge gebracht. Gemeinsam mit fünf andern Asylbewerbern aus verschiedenen Ländern fährt sie am gleichen Tag von dort mit dem Zug ins Erstaufnahmelager nach Zirndorf. Die Zugfahrt mit mehrmaligem Umsteigen zu bewältigen ist nicht leicht, nur mit einem der fünf fremden Männer kann sie sich verständigen.
Den ganzen Tag haben sie fast nichts zu Essen und Trinken bekommen. Erst im Dunkeln erreichen die Asylbewerber den Zirndorfer Bahnhof.
Es regnet. Auf der Straße fragten sie Passanten nach dem
Weg zur Erstaufnahmestelle. Sie brauchen lange, um die Gebäude zu finden und werden völlig durchnässt.
Messeret ist am Ende ihrer Kräfte als sie gegen 23 Uhr in einen Aufenthaltsraum ankommt. Gleich nach der Anmeldung brachte man sie alleine in einen düsteren Raum, wo sie die Nacht verbrachte.

Am nächsten Morgen stellt fest, dass keiner hier ihre Sprache spricht.
Die Situation vor Ort beschreibt sie als chaotisch und anstrengend. Die hygienischen Zustände waren katastrophal, die Betten waren schmutzig und bei der Essensausgabe musste man ewig anstehen. Sie fühlt sich einsam und traurig. Dann findet sie einen schwerkranken
englisch sprechenden Asylanten mit dem sie ihre Zeit verbrachte ohne etwas von seiner schlimmen Krankheit zu bemerken. Den deutschsprachigen Zettel zur Ansteckungsgefahr an der Tür konnte sie
nicht lesen.
Gleich am zweiten Tag steckt sie sich bei ihm an und erkrankt an Tuberkulose. Daraufhin wird sie in zwei Krankenhäusern über Monate stationär behandelt und muss ein Jahr lang starke Medikamente einnehmen. Nach einem halben Jahr im Krankenhaus übersiedelt sie in das
Asylbewerberheim in der Fronmüllerstraße in Fürth.
Nachdem Messeret wieder gesund ist, will sie nun ein normales Leben aufbauen. Die den folgenden Monaten nutzte Messeret die Chance deutsch zu lernen und besucht diverse Sprachkurse.
Nachdem ihr Asylantrag befürwortet wurde, ist es Zeit für sie, das vertraut gewordene Heim zu verlassen. Dies fällt ihr nicht leicht, da sie immer mit Freunden und Bekannten zusammen gewohnt hat. Alleine in einem fremden Land , mit einer fremden Sprache, in einer fremden Kultur zu leben macht ihr Angst.
Schließlich geht sie den Schritt und mietet sich eine eigene Wohnung. Um das Alleinsein zu Übertönen läuft häufig der Fernseher.
Messeret findet Arbeit als Raumpflegerin. Ihre Qualifikationen als Sekretärin kann sie nicht nutzen.
Um etwas für sich und andere zu tun arbeitet Messeret ehrenamtlich bei vielen verschiedenen Organisationen, hauptsächlich mit Bezug zu Migration und Asyl. Sie ist Mitglied des Integrationsbeirats der Stadt Fürth, engagiert sich bei der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte
Bayerns (AGBY), den Migrantinnen Netzwerk Bayern (stellvertretende Vorsitzende), den Multikulturellen Frauentreff e.v. Fürth , den MIMI – Interkulturelle Gesundheitsmediatorin und ist Mitglied des Interkulturellen Gartens Fürth. Außerdem unterstützt sie andere Flüchtlinge und kümmert sich um Mädchen und Frauen, die Opfer von Vergewaltigungen geworden sind. Mit dieser Tätigkeiten hofft sie den Anderen helfen zu können.
2010 beantragt sie die deutsche Staatsangehörigkeit, besteht die nötigen Prüfungen und wird Deutsche.

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